750 km & 1200 hm auf den Spuren der ersten Alpenüberquerung

Start: 29. August 2026 · 10:00 Uhr · Mailand (Porta Romana)

Die Eckdaten

Daten, Zahlen, Fakten

Was erwartet Euch bei diesem Supergrevet?

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Abenteuer

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Mailand–München – Die legendäre Distanzradfahrt neu erlebt

 Die Distanzradfahrt Mailand–Münchenlässt einen der großen Klassiker des Radsports neu aufleben – das erste transalpine Radrennen der Geschichte (1894). Diese außergewöhnliche Alpenüberquerung folgt den Spuren jener Pioniere, die mit Stahlrahmen, Wolltrikots und unbändigem Willen die Alpen bezwangen – und verbindet den rauen Geist vergangener Abenteuer mit der Dynamik der heutigen Gravel-Szene.

Auf den Spuren der Pioniere

Wer heute zwischen Mailand und München startet, fährt auf den Spuren der ersten Transalp des Radsports – einer Unternehmung, die 1894 mehr Mut als Material verlangte. Stahlrahmen, Wolltrikot, Laterne – und ein Wille aus Granit.

Damals rollten 46 Fahrer an der Porta Romana los, über die Alpen, bei Regen, Hagel und Kälte. „Der Brenner war keine Idee – er war eine Mauer aus Dunkelheit und Steigung“, schrieb Hans Traugott Hirsch später in seinem Bericht. Josef Fischer, der Sieger, erreichte München nach 31 Stunden und 22 Minuten – ein Rekord, den man kaum begreift, wenn man die Bedingungen kennt: Schotter, Matsch, Peitschenhiebe und Durchhaltevermögen.

Doch die Distanzfahrt war mehr als ein Rennen. Sie war ein europäisches Ereignis. Italiener, Österreicher und Deutsche kämpften sich Seite an Seite über die Berge, während ein Depeschendienst jede Meldung nach München funkte – das Dotwatching des 19. Jahrhunderts.

„Man rutscht – am sichersten in den Reifenspuren voll Regenwasser.“ – Hirsch

„Mir wäre ein zweitmaliges Passieren des Brenners lieber gewesen als die letzten zehn Kilometer vor München.“ – Gerger

Die Berichte jener Tage lesen sich wie ein Epos in Kettenöl und Staub. Kein Pathos, keine Pose – nur der rohe Ernst, die Strecke zu bezwingen.

Heute kehrt Mailand–München als moderne Gravel-Distanz zurück – nicht als Reenactment, sondern als Fortsetzung. Die Wege haben sich verändert, der Geist bleibt: selbstbestimmt, ausdauernd, echt.

📖 Originalberichte & Quellen:
Die vollständigen Augenzeugenberichte von Hirsch, Grüttner, Gerger und Dr. Speer findest du hier

Eine Reise zwischen zwei Welten

Von der kulturellen Vielfalt und mediterranen Eleganz Mailands bis zur urbanen Energie und bayerischen Lebensart Münchens führt diese Route durch eine der eindrucksvollsten Landschaften Europas. Über alpine Pässe, durch tiefe Täler und entlang historischer Handelsrouten verbindet die Fahrt nicht nur zwei Städte, sondern auch zwei Epochen des Radsports: die heroischen Jahre der Distanzfahrten – und den heutigen Entdeckergeist des Gravel-Cyclings.

Tradition trifft Innovation

Was 1894 als waghalsiges Experiment begann – Josef Fischer gewann damals die erste Austragung und schrieb Radsportgeschichte – wird heute als Hommage an diese Pioniertat neu interpretiert. Die moderne Strecke folgt dem Geist der historischen Route, nicht ihrer genauen Linie: über Schotterstraßen statt Asphalt, über alte Alpenübergänge statt Autobahnen, mit Fokus auf Erlebnis statt reiner Geschwindigkeit.

Mehr als ein Rennen

Diese Distanzfahrt ist kein gewöhnliches Event. Sie ist eine Einladung, Geschichte zu erfahren – nicht zu lesen. In den Beinen. In der Landschaft. In den Begegnungen unterwegs.

Mailand–München vereint sportliche Herausforderung mit kulturellem Bewusstsein, individuelle Leistung mit gemeinschaftlichem Erlebnis. Von den Espresso-Bars Norditaliens bis zu den Biergärten Oberbayerns wird diese Fahrt zu einer transalpinen Erfahrung, die Tradition und Innovation, Vergangenheit und Gegenwart zu einem unvergesslichen Abenteuer verschmelzen lässt.

Die wichtigsten Informationen

Oberflächenprofil

Gravel bedeutet Vielfalt – und genau das bietet die Distanzradfahrt Mailand–München. Dich erwarten schnelle Schotterpassagen, ruhige Nebenstraßen, schmale Pfade und gelegentlich auch ein steiler Anstieg auf Beton oder Wiesenuntergrund. Abwechslung ist garantiert, doch technische Wurzeltrails oder extremes Gelände findest du hier nicht – höchstens mal eine einzelne Wurzel am Wegesrand. Vielbefahrene Hauptstraßen werden konsequent vermieden; du überquerst sie höchstens kurz, bevor es direkt wieder hinein in die nächste schöne Passage geht.

Direkt in den Tracks hinterlegen wir zudem Versorgungspunkte wie Supermärkte, Tankstellen und Schutzhütten als POI.

Dein Rad: die Materialanforderungen

Für die Distanzradfahrt Mailand–München lohnt sich ein robustes Gravel-Setup. Wir empfehlen eine Reifenbreite ab 40 mm – breitere Pneus bringen zusätzlichen Komfort und geben Dir in Abfahrten mit gröberem Material mehr Sicherheit. Bei Nässe können einzelne Abschnitte matschig werden; mit klassischen Semislicks wirst du hier deutlich eingeschränkt sein.

Bei der Übersetzung ist eine leichte Untersetzung entscheidend. Zwar rollen sich viele Anstiege gleichmäßig, doch zwischendurch warten kurze, extrem steile Rampen. Mit kleinen Kettenblättern und/oder einem großen Ritzelpaket schonst Du nicht nur die Beine, sondern stellst sicher, dass Du auch nach vielen Stunden und mit Gepäck noch rund treten kannst. Als Faustregel: je leichter die Gänge, desto entspannter meisterst Du die „Wadenzwicker“.

Anreise

Start in Mailand

Vom Mailänder Hauptbahnhof (Milano Centrale) sind es nur wenige Kilometer bis zum Startpunkt an der Porta Romana – einem der historischen Stadttore, das seit Jahrhunderten Reisende nach Norden begleitet. Mailand ist hervorragend angebunden: täglich verkehren Fernzüge, Fernbusse und Nachtverbindungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Bahn & Bike sind theoretisch ein Traumpaar – praktisch aber oft eine kleine Herausforderung. Die direkte Buchung über die ÖBB oder Trenitalia ist meist günstiger und zuverlässiger als über die Deutsche Bahn.

  • Nightjet-Verbindungen (z. B. Wien–Mailand oder München–Mailand) sind ideal: ganze Viererabteile lassen sich günstig reservieren, und mit zwei Personen plus zwei Fahrrädern reist es sich dort entspannt.
  • In Regionalzügen zwischen der Schweiz, Österreich und Italien genügt meist ein Fahrradticket – Reservierungen sind hier nicht erforderlich.
  • Auch Fernbusse sind eine hervorragende gute Option: Sie fahren regelmäßig zwischen München und Mailand, die Mitnahme von Fahrrädern ist oft möglich, und die Preise bleiben selbst kurzfristig fair. Wer über Nacht fährt, spart Zeit und erreicht den Startpunkt im Morgengrauen


Übernachtung während der Fahrt

Bei der Veranstaltung handelt es sich um eine Selbstversorgerfahrt: Das bedeutet Ihr seid letztlich selbst für Eure eigene Verpflegung, Übernachtung und Pausengestaltung verantwortlich. Ob Ihr eher der spontanen Hängemattenschlafgelegenheit, oder dem Hotel zugeneigt seid, ist damit auch Eure freie Entscheidung. Der Kodex von Selbstversorgerfahrten sieht es jedoch vor, dass Übernachtungen nicht bereits im Vorhinein vom heimatlichen Sofa aus gebucht werden, sondern frühstens von unterwegs. Lasst Euch also mal auf das Abenteuer ein und schaut, wie es sich entwickelt!

Wir geben Euch dann in unserer kommenden E-Mail mit der Streckenbeschreibung jedoch ausführliche Empfehlungen für Pausen-, Übernachtungs- und Verpflegungspunkte entlang der Strecke. Wir können jedoch nicht garantieren, dass diese tatsächlich jederzeit für alle Teilnehmenden zur Verfügung stehen werden. Ihr solltet Euch daher auf Basis unserer Empfehlungen also bereits im Vorfeld Gedanken darüber machen, wo Ihr ungefähr schlafen möchtet, aber auch einen Plan B parat haben. Vorab ein Hinweis: in Österreich ist Wildcampen absolut tabu.

Abreise

München & Rückreise

München ist hervorragend angebunden – egal, ob Ihr mit Bahn, Fernbus oder Nightjet zurückreist. Die Stadt bietet zahlreiche Optionen, um entspannt und mit Bike im Gepäck heimzukommen.

  • Fernbusse (z. B. FlixBus) – regelmäßige Direktverbindungen zwischen München ↔ Mailand, Fahrradmitnahme bei Buchung auswählbar. Ideal für spontane Rückreisen, solange Plätze verfügbar sind.
    🔗 www.flixbus.de
  • Fernzüge – z. B. über Zürich (SBB / DB) oder Innsbruck (ÖBB). Fahrradmitnahme ist möglich, aber reservierungspflichtig und meist begrenzt – daher frühzeitig buchen.
    🔗 www.bahn.de | www.oebb.at | www.sbb.ch
  • Regionale Verbindungen – über Mailand – Verona – Brenner – Innsbruck. Etwas langsamer, aber meist flexibler bei der Radmitnahme.
    🔗 www.trenitalia.com | www.oebb.at
  • Nightjet (ÖBB) – auf ausgewählten Strecken mit Fahrradstellplätzen, Reservierung erforderlich. Bequeme Option für die Rückfahrt über Nacht.
    🔗 www.nightjet.com

💡 Tipp: Plant etwas Zeitpuffer ein und reserviert Fahrradplätze möglichst früh. Wer lieber spontan reist, ist mit dem Fernbus meist am flexibelsten unterwegs.

Rückreise ab München

Nach der Ankunft ist alles einfach: Vom Zielpunkt bis zum Münchner Hauptbahnhof sind es nur wenige Kilometer. München ist der wichtigste Verkehrsknoten Süddeutschlands – mit direkter Anbindung an internationale Zug-, Bus- und Nachtverbindungen.

Wer den Kreis schließen möchte, kann direkt per Fernbus nach Mailand zurückfahren oder über Innsbruck → Verona → Mailand mit Regionalzügen rollen. Diese Option ist meist entspannter als kurzfristig einen Fahrradplatz im Fernzug zu ergattern.

Noch ein Tag in München

Wenn es Eure Zeit erlaubt: Bleibt noch einen Tag.
München bietet alles, was eine gute Zielstadt braucht – Biergärten, Museen, Isarauen und entspannte Atmosphäre. Nach den langen Kilometern ist das der perfekte Ort, um das Abenteuer ausklingen zu lassen.

🔗 www.muenchen.de – offizielle Seite der Stadt mit aktuellen Veranstaltungen, Sehenswürdigkeiten und Verkehrstipps.

Die einzelnen Streckenabschnitte

Die Distanzradfahrt Mailand–München führt über rund 600 Kilometer von der lombardischen Metropole über die Alpen bis in die bayerische Hauptstadt. Eine Route, die Gegensätze verbindet – mediterranes Flair trifft auf alpine Stille, urbaner Puls auf Einsamkeit in der Höhe.

Abschnitt 1: Startort Mailand

Start an der Porta Romana – einem der alten Stadttore, das einst Pilger, Händler und Abenteurer auf den Weg nach Norden schickte. Heute liegt hier der Puls der Metropole: Cafés öffnen ihre Türen, Mopeds knattern durch enge Gassen, der Duft von Espresso und frisch gebackener Focaccia liegt in der Luft.

Mailand – Stadt der Kunst, Mode und Architektur, Schmelztiegel aus Eleganz und Industrie – ist der ideale Ausgangspunkt dieser Fahrt. Zwischen Renaissance-Fassaden, moderner Skyline und lebendigem Straßenleben beginnt Dein Abenteuer.

Kaum verlässt Du die Stadtgrenze, wird der Verkehr leiser, das Licht weiter. Auf schnellen Schotter- und Nebenstraßen rollst Du durch die Lombardische Ebene, vorbei an Reisfeldern, Bewässerungskanälen und kleinen Dörfern. Ein sanfter Auftakt, bevor die Strecke Schritt für Schritt Richtung Alpen zieh

Abschnitt 2: Von der Po-Ebene zum Gardasee

Der Weg zieht allmählich an, das Terrain wird bewegter. Du passierst alte Handelsrouten, kleine Brücken, und mit jedem Kilometer spürst Du die Nähe der Berge. Der Lago di Garda markiert das erste große Panorama – ein kurzer Moment südlicher Leichtigkeit, bevor die Route ins enge Etschtal führt. Weinberge, Obstplantagen und alte Dorfstraßen begleiten Dich, während sich die Luft merklich verändert: vom warmen Süden zum kühleren Hauch der Alpen.

Abschnitt 3: Südtirol – Bozen und das Tor zu den Pässen

Ab Bozen beginnt die Bergwelt ernst zu werden. Die Route folgt alten Straßen durch stille Täler, vorbei an Burgen, Höfen und Felswänden. Das Tal öffnet sich, die Landschaft wird weit und klar. Hier liegen erste Refugios und Gasthöfe, die einfache, aber authentische Übernachtungen bieten. Ein Ort zum Durchatmen – bevor das alpine Kernstück ruft.

Abschnitt 4: Über die Alpen – der historische Pass

Dies ist die Königinnen- und Königsetappe. Der Übergang von Italien nach Österreich führt über einen traditionsreichen Alpenpass Klamljoch, in der Region, die schon 1894 die Distanzradfahrer herausforderte. Der Anstieg zieht sich in langen Kurven, das Gestein wird karg, die Luft dünner. Jeder Meter fordert Kraft und Konzentration – und belohnt Dich mit weiten Blicken über die Gipfel. Oben: Stille, Wind, vielleicht Schnee. Unten: die rasante Abfahrt ins Tiroler Land.

Abschnitt 5: Tirol – Auftanken im Inntal

Die Abfahrt führt Dich ins Brennergebiet, dann weiter entlang des Inns. Die Landschaft wechselt zwischen Berg und Stadt, zwischen Geschichte und Moderne. Innsbruck bietet sich als logistischer Zwischenpunkt an – mit Verpflegung, Unterkunft und der Möglichkeit, kurz durchzuatmen, bevor der Norden ruft.

Abschnitt 6: Bayrisches Voralpenland

Hinter Innsbruck öffnet sich das Land. Du folgst dem Flusslauf Richtung Kufstein, dann über sanfte Hügel und Wälder nach Rosenheim. Kleine Straßen und ruhige Feldwege wechseln sich ab, Dörfer tauchen auf und verschwinden wieder – ein Stück Bayern, das seine Schönheit nicht laut ausstellt, sondern beiläufig zeigt.

Abschnitt 7: Zielort München

Ziel in München – Stadt der Biergärten, der Kunst und der klaren Seen. Wo Tradition und Moderne keine Gegensätze sind, sondern sich in derselben Straßenzeile begegnen. Nach Tagen auf Schotter, Asphalt und alpinen Pässen erreichst Du die bayerische Landeshauptstadt – müde vielleicht, aber erfüllt.

Du rollst hinein über die Isarauen, vorbei an den Türmen der Frauenkirche, durch Alleen, in denen sich Geschichte und Gegenwart überlagern. München empfängt Dich mit offener Gastfreundschaft: ein kühles Helles im Schatten der Kastanien, vielleicht ein Sprung in den Eisbach oder ein Spaziergang durch den Englischen Garten. Endpunktist das Radcafé 3Mills.

Hier endet die Distanz – aber nicht die Bewegung. München ist Knotenpunkt und Ausgang zugleich: perfekt angebunden für Rückreisen, voller Leben für alle, die noch bleiben wollen.


Damals

Mailand–München: Eine Distanzradfahrt die Geschichte schrieb

Die Bedingungen waren hart: unbefestigte Wege, schlechtes Wetter und keine moderne Ausrüstung. Die Teilnehmer – insgesamt 49 Radfahrer aus mehreren Nationen – trugen einfache Kleidung und fuhren ohne Gangschaltung, lediglich mit purer Muskelkraft und unbändigem Willen. Doch gerade diese Einfachheit machte die Leistung umso bemerkenswerter. Die 1200 Höhenmetern bis zum Brenner stellte eine immense Belastungsprobe dar – und das auf Fahrrädern, die zwar archaisch anmuten, zugleich aber überraschende Ähnlichkeiten mit modernen Gravelbikes aufweisen.

Die Radler von damals wirkten eher wie Wanderer auf zwei Rädern: in einfachen Wolltrikots, knielangen Stoffhosen und ledernen Halbschuhen trotzten sie den Elementen, ohne den Komfort moderner Funktionskleidung zu kennen. Auf den Köpfen schlichte Kappen, an den Beinen dunkle Strümpfe – ihre Kleidung war mehr Alltagsgewand als Sportausrüstung. Und doch bewältigten sie mit dieser bescheidenen Ausstattung Höchstleistungen, angetrieben von purem Willen und einer Leidenschaft, die jede Naht ihrer schlichten Garderobe überstrahlte.

Der Sieger, Joseph Fischer aus München, bewältigte die Strecke in knapp 30 Stunden, schneller als ein Güterzug jener Zeit. Sein Erfolg zeigte nicht nur die körperliche Stärke der damaligen Fahrer, sondern auch ihren enormen Durchhaltewillen. Fischer setzte damit einen Maßstab für den Langstreckenradsport, der weit über die Alpen hinaus für Bewunderung sorgte.

Mailand–München war nicht einfach nur ein Rennen – es war ein Sinnbild für die Anfänge des Radsports. Es zeigte, wie Menschen mit begrenzten Mitteln Großes leisten können, und legte den Grundstein für die Begeisterung, die das Fahrrad bis heute auslöst.

Über die Alpen

Die Route der Distanzradfahrt Mailand-München

Gravelroute Mailand–München – die verborgene Linie

Die moderne Variante der Distanzradfahrt verlässt die alte Transitroute und sucht einen eigenen Weg: nicht über den lauten Verkehrspass, sondern über eine stille, hochalpine Verbindung, die nur Kennern bekannt ist.

Von Mailand ins alpine Vorland
Aus der lombardischen Ebene rollst Du auf Nebenstraßen und Schotterwegen hinaus. Der Gardasee ist das erste große Tor zu den Bergen – glitzerndes Wasser, Olivenhaine, ein Vorgeschmack auf das, was kommt.

Durch die Täler ins Herz der Alpen
Über Trient und Bozen geht es ins obere Tal hinein. Hier wird der Weg enger, die Straßen verlieren ihre Selbstverständlichkeit, und die Landschaft beginnt, Dich zu prüfen. Schon bald verwandelt sich die Route in Schotter, Forstwege, manchmal nur noch Pfade.

Der geheime Übergang
Statt den offensichtlichen Übergang zu nehmen, führt die Linie weiter hinein ins Hochgebirge. Der Anstieg wird steiler, einsamer, wilder. Auf über 2000 Metern Höhe wartet eine unscheinbare Scharte – kein offizieller Pass, sondern ein versteckter Übergang, den man nicht zufällig findet. Hier wird es abenteuerlich – ein Stück echter Expedition.

Abstieg ins nächste Tal
Auf der anderen Seite öffnet sich ein neues Tal. Der Weg hinab ist ruppig und steil, ein Mix aus alten Militärpfaden, Wiesenwegen und Schotter. Bald aber folgt die Erlösung: ein belebtes Tal mit kleinen Orten, wo wieder Asphalt auftaucht und die Beine rollen dürfen.

Die Linie nach München
Von hier führt der Track Richtung Inn, dann nach Bayern. Über kleine Wege und ruhige Straßen geht es dem Ziel entgegen: München, wo urbane Energie und bayerische Gastfreundschaft das alpine Abenteuer beschließen.

Das Profil der neuen Route

  • Distanz: ca. 600+ km
  • Höchster Punkt: über 2200 m
  • Charakter: wild, einsam, hochalpin
  • Anspruch: sehr hoch – Kondition und Abenteuergeist zwingend notwendig
  • Belohnung: die Stille und Größe einer Route, die kaum jemand kennt

Diese Variante trägt den Geist von 1894 in die Gegenwart – aber statt auf der Hauptachse zu fahren, sucht sie das Verborgene. Wer hier durchkommt, hat mehr erlebt als eine Distanzfahrt: eine Reise in die wilde Seite der Alpen.

Mythen & Legenden von Mailand–München

Jubel – und sofort der Schatten

Am 11.–12. Juni 1894 gewinnt Josef Fischer (München) die Distanzfahrt Mailand–München in 29:32:30. Max Reheis (Wasserburg) folgt rund 1½ Stunden später. Die Presse feiert den „Alpenritt“ – doch noch während die Lorbeerkränze hängen, kursiert der schwerste Vorwurf, den man damals erheben konnte: „ziehen lassen“. Entlang der Strecke zwischen Oberaudorf – Rosenheim – Ostermünchen wollen Zuschauer einen Strick zwischen Fahrern gesehen haben; auch Schulterstützen werden behauptet.

Der Protest – und ein seltsames „Ja, aber“

Reheis legt offiziell Protest ein. Das Schiedsgericht der Distanzfahrt (Vorsitz: Wilh. Schwaiger) bewertet am 7. Juli 1894 die eingereichten Bestätigungen (u. a. Wirt/Bedienung in Oberflintsbach, Grenz- und Straßenaufseher, Dorfbewohner). Quintessenz:

  • Aussagen, die „Ziehen“ nahelegen – anerkannt.
  • Gegenaussagen der offiziellen Posten und Fischers Schrittmacher – ebenso anerkannt.
  • Formaler Knock-out: Reheis’ Protest verspätet (er nahm den 2. Preis an), damit Zurückweisung – Fischer bleibt Sieger.

Das Duell verlagert sich vor Gericht

Der Streit eskaliert beidseitig:

  • Fischer telegrafiert am 2. Juli an den Münchner Sportausschuss, Reheis habe sich über den Brenner ziehen lassen – ohne Beweis. Vor dem Amtsgericht München (28. Nov. 1894) zieht Fischer die Behauptung „in gutem Glauben, aber unbeweisbar“ zurück; Vergleich, Kosten geteilt. Applaus im vollen Sportsaal.
  • Reheis klagt das Neue Münchener Tageblatt wegen Beleidigung (es stützt Fischers Sicht auf Basis von Schrittmacher-Zeugnis & Schiedsspruch). Urteil: Verurteilung des verantwortlichen Redakteurs zu 150 Mark (ersatzweise 15 Tage Haft); Reheis freigesprochen und berechtigt, das Urteil im Blatt und im Deutschen Radfahrer-Bund zu veröffentlichen (Berufung angekündigt).

Held, Märtyrer – oder einfach „Mensch auf dem Rad“?

Die Legende lebt vom Widerspruch: ein technisch und körperlich überragender Ritt über den Brenner, ein Protest mit dutzenden Zuschaueraussagen, ein Schiedsgericht, das beides gelten lässt – und am Ende zwei Rivalen, die den Kampf von der Straße in Sitzungssäle tragen. Genau dieser Riss zwischen Heroik und Makel macht Mailand–München bis heute so erzählerisch stark

Die Geschichte von Mailand–München

Ein Pionierstück über die Alpen

Die Distanzradfahrt Mailand–München, erstmals 1894 ausgetragen, gilt als die erste große transalpine Raddistanzfahrt und als Höhepunkt der frühen Radsportgeschichte im deutschsprachigen Raum. Während Wien–Berlin die Weite der Ebenen erschloss und Wien–Triest die Verbindung von Metropole und Meer symbolisierte, wagte Mailand–München den Sprung ins Hochgebirge – über den Brennerpass, mitten durch die Alpen.

Ein Abenteuer der Extreme

46 Fahrer standen in Mailand am Start. Ihr Ziel: die bayerische Hauptstadt, 590 Kilometer entfernt. Die Strecke führte durch die lombardische Ebene, vorbei am Gardasee, durch das Etschtal und schließlich über den Brennerpass, ehe es durchs Inntal und über Rosenheim nach München ging. Regen, Hagel, Schlammlöcher und frostige Nächte machten die Fahrt zur Tortur. Viele gaben auf, nur eine Handvoll erreichte das Ziel.

Der Sieger: Josef Fischer

Nach 29 Stunden und 32 Minuten rollte der Münchner Josef Fischer als Erster ins Ziel. Damit krönte er sich – nach seinem Sieg bei Wien–Berlin im Vorjahr – endgültig zum herausragenden Distanzfahrer seiner Zeit. Gefeiert von Tausenden, die ihn bejubelten und mit Preisen überhäuften, schrieb Fischer ein weiteres Kapitel Radsportgeschichte.

Der Rivale: Max Reheis

Knapp anderthalb Stunden später folgte sein Dauerrivale Max Reheis aus Wasserburg. Er galt als unermüdlicher Kämpfer, erreichte trotz technischer Probleme und widrigster Umstände das Ziel – und wurde daheim als Held empfangen. Doch schon bald sollten Anschuldigungen und Proteste die sportliche Leistung überschatten.


Fortsetzungen und spätere Austragungen

Mailand–München blieb kein einmaliges Abenteuer. In den Jahren nach 1894 wurde die Distanzfahrt mehrfach neu aufgelegt – teils als offizielles Rennen, teils als populäre Distanzfahrt für Amateure. Besonders um die Jahrhundertwende galt sie als Königsprüfung der Langstrecke, gleichrangig mit Wien–Berlin und Paris–Brest–Paris.

Mit jeder Austragung wuchs die Symbolkraft: Die Alpenüberquerung war mehr als nur sportliche Herausforderung, sie stand für Verbindung von Nationen und Kulturen, für technische Innovation und für die Entschlossenheit einer ganzen Generation, die Grenzen des Fahrrads immer weiter hinauszuschieben.

Im Laufe der Zeit aber verschwand Mailand–München wieder vom Kalender. Der wachsende Straßenverkehr und die Professionalisierung des Radsports verlagerten die großen Rennen auf andere Formate. Doch die Erinnerung blieb – als Meilenstein, an dem sich die Geschichte des Radsports bis heute ablesen lässt.

Vom Eintagesrennen zum Etappenformat

Während die erste Ausgabe 1894 ein episches Eintagesrennen war, entwickelte sich Mailand–München in den folgenden Jahrzehnten zu einem unregelmäßig ausgetragenen Klassiker. Die Distanz blieb mit knapp 590 Kilometern gleich, doch das Format variierte: Mal als Distanzfahrt an einem Tag, mal als mehrtägige Etappenprüfung.

Zwischen den Kriegen – ein Länderkampf auf zwei Rädern

In den 1930er-Jahren erhielt die Strecke eine neue politische Dimension. 1937 wurde es als offizieller Länderkampf zwischen Deutschland, Italien und Österreich ausgetragen, diesmal über drei Etappen. 1938 und 1940 verlief die Strecke sogar in umgekehrter Richtung – von München nach Mailand – und war nur für Fahrer aus den drei „Achsenländern“ ausgeschrieben. Damit spiegelte das Rennen nicht nur den sportlichen, sondern auch den problematischen politischen Zeitgeist jener Jahre.

Palmarès – die Sieger von Mailand–München

  • 1894 Josef Fischer (Deutschland)
  • 1910 Peter Strasser (Österreich)
  • 1912 Georg Schmid (Deutschland)
  • 1937 Richard Menapace (Österreich)
  • 1938 Mario De Benedetti (Italien)
  • 1939 Aldo Ronconi (Italien)
  • 1940 Doro Morigi (Italien)

Ein Mythos verblasst

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs erlosch die Tradition. Nach 1940 wurde Mailand–München nicht mehr ausgetragen. Doch die Erinnerung an dieses Rennen bleibt lebendig: als Pioniertat über die Alpen, als Bühne für internationale Rivalität – und als Sinnbild einer Zeit, in der Radrennen technische Fortschrittsprojekte, sportliche Heldentaten und gesellschaftspolitische Symbolakte zugleich waren.

Ein Vermächtnis für den Radsport

Trotz aller Skandale markierte Mailand–München einen Wendepunkt. Es zeigte, dass das Fahrrad selbst die Alpen bezwingen konnte. Der Sieg Fischers stand für den technischen Fortschritt, die Duelle mit Reheis für die Leidenschaft und Dramatik einer jungen Sportart.

So bleibt Mailand–München ein Symbol für die Pionierzeit des Radsports: eine Mischung aus heroischem Abenteuer, sportlicher Grenzerfahrung und menschlichem Drama, die über Jahrzehnte nachwirkte und den Mythos bis heute lebendig hält.